Europa Präsentation der neuen CFMOTO Cforce Modelle 850 und 1000 Touring.

Bereits auf der EICMA 2023 in Mailand stellt CFMOTO die neue 3. Generation der neuen Touring ATVs 850 und 1000 vor. Im April lud der chinesische Hersteller Europapräsentation ein. Auf dem Gelände des Automotodroms nahe der Tschechien Stadt Brno konnte die geladene Fachpresse On- wie Offroad erste Fahreindrücke gewinnen. Ich schildere hier meine ganz persönlichen Fahreindrücke. Und eine motorisierte Überraschung gab es auch noch am Ende der Veranstaltung.

Skepsis gegenüber billiger

Ich mache keinen Hehl daraus, das ich die bisherigen Modelle von CFMOTO eher skeptisch betrachtet habe. Konträr dem Hype um CFMOTO, der verkauften Stückzahlen und der Marktführerschaft in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern. Die Erfahrung aus über 35 Jahre Quad- und ATV fahren und testen, viele eigene ATVs und Quads im Besitz gehabt zu haben und tausende Kilometer On- wie Offroad im Sattel der Vierräder haben viele Eindrücke hinterlassen. Besonders bei Fahrzeugen aus chinesischer Produktion.

China konnte mich bisher nicht ausschließlich durch „günstiger“ überzeugen. Da gibt es auch die Performance und das Handling der ATVs. Bisher hinkten die Chinesen dabei noch hinterher. Vor allem die relativ hohen Fahrzeuggewichte machten immer wieder den Unterschied zu ATVs aus nordamerikanischer oder japanischer Produktion. Gibt es nun mit der neuen Generation CFMOTO ATVs den entscheidenden Fortschritt?

Enduro, Straße, Trial – CFMOTO traut sich was

Paukenschlag gleich zu Beginn der Veranstaltung. Bei der Begrüßung am Abend vor dem eigentlichen Event gibt CFMOTO bekannt, dass alle ATV-Modelle eine 4-jährige Garantie (maximal 25.000 km) haben werden. Man ist sich der eigenen Produktqualität auch in Bezug auf Langlebigkeit ganz offensichtlich sehr sicher.

Zweiter Kracher: Den habe ich so noch auf keiner Präsentation erlebt. Und das waren in den zurückliegenden Jahren viele. Man lässt uns ganz explizit einen Testabschnitt auf Asphalt absolvieren. Andere Hersteller haben diesen Part immer großzügig ausgeklammert mit dem Hinweis darauf, dass die ATVs reine Geländefahrzeuge seien.

Der Tag verspricht höchst interessant zu werden. Auf dem Programm stehen Enduro- und Trialgelände sowie der erwähnte Straßentest.

Testtag

Mein erstes Testmodell ist die Highendstufe der neuen Generation CFMOTO ATVs. Die CForce 1000 Touring Pro. Das Modell besticht mit voll einstellbarem Fahrwerk, 14er Beadlock Felgen und 27er Reifen. Dazu gibt es eine aufregende Scheinwerferoptik – vorne und am Heck. Der V2 Motor leistet 90 PS aus 962 ccm Hubraum. Es gibt (momentan) nur die Fahrzeugvariante als Doppelsitzer mit etwas längerem Radstand von 1.480 mm. Sollte ein einsitziges Modell folgen, gehe ich von einen 100 mm kürzeren Radstand aus. Damit sollte das ATV vor allem beim Kurven in engen Terrain noch agiler sein als sich die Touring in Brno auf der Präsentation zeigt.

Anfangs gibt es eine kleine Einweisung an den aufgereihten Modellen. Auffallend aus meiner Perspektive an der Veranstaltung ist, das nicht nur Old School Fachjournalisten aus der europäischen ATV und Quad Szene zu gegen sind – die sind in der Minderheit -, sondern entsprechend dem digitalem Zeitalter von YouTube, TikTok und Co auch sogenannte Influenzer. Kennen tue ich keinen von ihnen aber mal sehen was die von den ATVs halten und ihrer Fangemeinde berichten werden. Denn einige sind zwar offensichtlich im zweirädrigen Endurosport unterwegs aber auf einem ATV noch nie gefahren.

Und los geht es. Ganz frei können wir leider nicht fahren. Nur in Gruppen begleitet durch einen Guide mit Streckenkenntnis. Der fährt voraus und bestimmt das Tempo auf dem rund 3 Kilometer langen Rundkurs. So sind die ersten Runden erst einmal als „Eingewöhnungsphase“ zu bewerten. Ok. Reicht aber aus, um erste Eindrücke zu gewinnen. Es geht bergauf und ab, mal engere, mal weitere Passagen im Wald und Matschpassagen mit anschließendem Steilansteig, um dann auf unebenen Wiesenlandschaften Vollgas geben zu können.

Das 1000er ATV wirkt auf mich bereits auf den ersten Metern massiv und schwer. Kein Wunder gibt CFMOTO für die Pro Variante als Eigengewicht 558 kg an. Zum Glück scheint der Zweizylinder-Motor davon nichts mitbekommen zu haben. Bei jedem Gasschub über das Daumengas spurtet das ATV mit viel Kraft nach vorne. Je nach Fahrmodus fällt dieser Spurt mehr oder weniger brachial aus. Die Fahrmodi Work, Normal und Sport sind möglich. Sie lassen sich während der Fahrt über einen Druckknopf am Lenker, sichtbar auf dem großen Display erkennbar, beliebig verstellen.

Die Unterschiede zwischen den Modi sind sehr gut spürbar. Im Work Modus ist die sanfte Motorkraftansprache deutlich zu registrieren. Arbeitsfahrten und zentimetergenaues Rangieren mit Anhänger oder Anbaugeräten sollten so optimal zu unternehmen sein. Obendrein erfolgt die Motoransprache sehr fein dosierbar elektronisch über das Daumengas.

Die dafür verwendete englische Bezeichnung ‚Ride-by-Wire‘ verwirrt zunächst. Doch die übliche Verbindung von Daumengas zum Vergaser über ein Drahtkabel gibt es bei der CFMOTO ATV-Generation 3 nicht. Über die Elektronik wird nun eine optimale Ansprache beim Gasgeben und Gaswechsel erreicht. Das ist sehr gut gelungen.

Gelungen ist auch die aufrechte Sitzposition auf dem ATV. Der Lenker ist angenehm geschwungen. Die (vielen) Schalter und Bedienelemente sind mit Handschuhen sicher zu bedienen. Auffallend ist das für ein ATV „riesige“ Display. Eigentlich schon ein kleines Tablet. Ich erspare mir hier die vielfältigen Informationsgaben und Menü-Tiefen zu beschreiben. Kurz: sie sind reichhaltig.

Stehend Fahren ist ebenfalls rückenschonend möglich – ist man nicht über zwei Meter groß. Der Sitz fällt gut gepolstert aber für meinen Geschmack immer noch zu breit aus. Man sitzt etwas breitbeinig vor der massiven Abdeckung unter der sich ein einfach zugänglicher Luftfilter befindet.

EPS und 3 Fahrmodi

Mit der in vier Stufen einstellbaren elektrischen Lenkunterstützung (EPS = Electronic Power Steering) lässt sich das ATV spielend über alle Unebenheiten im Gelände pilotieren. Gibt es kräftige Schläge in die Arme? Fehlanzeige auch bei noch so harter Gangart im Gelände. Im Gegenteil. Die EPS mindert die unangenehme Weitergabe der Bodenunebenheiten über den Lenker. Fein abgestuft findet man ganz schnell seine persönliche EPS-Einstellung.

Im Fahrmodus ‚Normal‘ spricht der Zweizylinder Motor mit deutlich mehr Kraft gegenüber der ‚Work‘ Einstellung aus dem Drehzahlkeller auf die Daumengasbefehle an. Aber immer noch sehr gut dosierbar. Auch ATV-Einsteiger kommen damit klar. Für mich ist dieser Fahrmodus der Allrounder unter den drei Möglichkeiten. In diesem Modus bin ich auf der Endurostrecke am Ende der Testzeit permanent unterwegs. Jetzt auch wesentlich schneller. Dem neuen Guide vorneweg war es wohl auch etwas zu langsam.

Auf einem geraden Stück können wir mit etwas Abstand zum Vordermann erstmals Vollgas über eine längere Distanz von ca. 350 – 400 Meter geben. Im Sportmodus verwandelt sich mein Pro Modell 1000 Touring Pro schon beim ersten Gasschub zu einem bissigen Biest, das gemein an den Armen reißt. Kein Wunder, stehen doch nur in diesem Fahrmodus 100% der zur Verfügung stehenden Motorpower direkt auf Abruf bereit.

Unserem Guide bei dieser Runde, hinter dem ich sonst mit zwei bis drei Fahrzeuglängen unterwegs bin, lasse ich den gewünschten Vorsprung auf der Sprintstrecke. Nach wenigen Augenblicken ist er aber nach meinem Start aus der Halteposition eingeholt und das obwohl er alles aus seinem Begleitfahrzeug, einer CForce 520, herausgeholt hat.

Mit dem ordentlichen Schwung von der Sprintstrecke im Gepäck geht es anschließend direkt in eine schmalere Waldauffahrt, die immer enger mit anschließender scharfer Linkskurve wird. Rechts und links fliegen die Äste der kleinwüchsigen Bäume vorbei. Das ATV lässt sich unter diesen Umständen trotz seiner Breite äußerst präzise manövrieren, folgt ohne zickig zu reagieren jedem Lenkerimpuls dem ich ihn gebe. Ich bin sehr positiv überrascht.

Bei den folgenden kurzen Pausen/ Fahrerwechseln verstelle ich das Fahrwerk ein wenig über die vier voll einstellbaren Dämpfer. Die erste Einstellung des Veranstalters war auf sportlich hart getrimmt. Die hat mir bei den zunächst moderaten Geschwindigkeiten auf den ersten Runden und bei der Vollgaspassage nicht so gut gefallen. Das ATV poltert etwas hölzern über die Wurzelpassagen im Wald und führt sich zu unruhig über die Vollgaspassage auf– und das trotz seines Gewichts.

Verstellbares Fahrwerk nur Show?

Das Verstellen selbst gestaltet sich recht einfach. Die Druck- sowie Zugstufe werden über Drehknöpfe an den Dämpfern beziehungsweise unter der Aufnahme der Feder verändert. Die Handschuhe muss man dazu nicht ausziehen. Und hat es was gebracht? Das ist natürlich die große Frage. Hat es. Das ATV ist spürbar weicher und souveräner über Stock und Stein in der nächsten Runde unterwegs. Mit großer Geschwindigkeit über kleinere Bodenunebenheiten oder Hügel ist dann aber nicht mehr viel Federwegreserve vorhanden. Ich verstelle danach nochmals. Diesmal wieder mehr Richtung hart. Und auch hier ist der Unterschied auf der nächsten Runde wieder spürbar. Natürlich bräuchte es jetzt mehr Zeit und Muse beim Verstellen der Federelemente, um diese auf meinen ganz persönlichen Fahrstil in dem Endurogelände anzupassen. Doch was ich herausfinden wollte habe ich für mich herausgefunden. Die Dämpfer sind nicht billiges, gutaussehende Pling-Pling, sondern bringen etwas für das Fahrwerk. So lässt sich die große Motorpower noch besser einsetzen. Aussagen über die Zuverlässigkeit und ob die Dämpfer auch bei starker und vor allem längerer Belastung durchhalten vermag ich aufgrund der Kürze der zirka 3 km langen Testrunde und den Unterbrechungen zum Fahrerwechsel nach jeder Runde nicht zu treffen.

Der Allradantrieb ist während der Fahrt über einen Drehschalter zuschaltbar. Schön. Wirklich gebraucht habe ich ihn aber aufgrund der überwiegend trockenen Streckenverhältnisse nicht. Ist der 4×4 zugeschaltet läuft das Differential an der Vorderachse immer noch offen mit. Erst beim Zuschalten der Sperre über den gleichen Drehschalter plus Sicherheitsdruckknopf werden beide Räder mit identischer Drehgeschwindigkeit und unabhängig ob Grip auf dem Untergrund vorhanden ist oder nicht, angetrieben. Ich probiere es aus. Die Lenkung fühlt sich nun etwas störriger an bleibt aber immer gut durch die elektrische Lenkunterstützung kontrollierbar.

Das Getriebe lässt sich über den bei allen Schaltvorgängen immer leichtgängigen Wahlhebel untersetzen. Zum Vorgängermodell ist der von der linken auf die rechte Fahrzeugseite verlegt worden. Die Integralbremse links am Lenker bedienen und gleichzeitig mit der rechten z.B. den Rückwärtsgang einlegen ist problemlos ohne Hand-Arm-Akrobatik möglich. Viele CFMOTO ATV Kunden haben das in der Vergangenheit bemängelt. CFMOTO hat es jetzt wunschgemäß umgesetzt. Dennoch. Ich wünsche mir bei all der bisher gezeigten Sportlichkeit des 1000er Modells einen Handbremshebel der nur auf die Vorderachse wirkt. Der sollte dann nicht links, sondern rechts am Lenker sitzen. Die beiden Hinterradbremsscheiben werden über das Fußpedal angesprochen.

Die gezeigte Bremsleistung mit der Integralbremse – die wirkt auf alle vier Bremsscheiben des ATVs bei Betätigung gleichzeitig – ist mir nicht bissig genug. Besonders aus hohen Geschwindigkeiten ist mir die Dosierbarkeit der Bremswirkung nicht exakt genug. Das hohe Eigengewicht des ATVs spielt hierbei natürlich auch eine Rolle – heißt will eingefangen werden.

Motorbremswirkung Dank DAC

DAC. Die Abkürzung steht für das elektronische ‚Downhill Assist Control‘ System. Es sorgt, wenn denn aktiviert, bei den steilen Bergabfahrten für eine Übertragung der Motorbremskraft auf den Antriebsriemen. Die Aktivierung, auch während der Fahrt möglich, erfolgt über die Druckknöpfe links am Lenker. Gut sichtbar im Display blättert man sich dazu durchs Menü. Auf meinen Testrunden bewährt sich das DAC hervorragend. Das Test-ATV kommt (fast) alleine bergab zum Stehen.

Ist das DAC ausgeschaltet, erfährt man den sogenannten Freewheel des Antriebsriemens. So wie schon beim Vorgängermodell beginnt das ATV mit zunehmender Geschwindigkeit ohne Übertragung der Motorbremskraft mit lautem CVT-Gejaule den Hügel oder Berg hinab zu rollen.

Diese „zuschaltbare“ Motorbremsvariante ist neu. Das ist auf den ersten Blick vielleicht ein wenig umständlich – zumal man sich durchs Menü mit Blick auf das Display gerichtet arbeiten muss. Ich kann aber durchaus der Logik dahinter folgen. Bin ich beim Endurowandern oder arbeitstechnisch unterwegs ist das DAC zugeschaltet. Auf der Straße oder bei sportlicherem Gelände Einsatz ist es abgeschaltet, um eben nicht jedes Mal wenn ich Gas wegnehme eine besonders starke Bremswirkung zu erleben. Ob man das so oder lieber anders habe liegt nun im Ermessen des jeweiligen Piloten und ist nicht durch das vorhandene Technik-Setting vorgegeben.

Kurzfazit

CFMOTO hat mit dem neuen 1000er Pro Modell stark zur nordamerikanischen als auch japanischen Mitbewerbern aufgeschlossen. Die Luft an der Spitze wird definitiv dünner. Die Produktqualität – besonders diese besticht – als auch ansprechende Ausstattung sowie das neue Design überzeugen.

Der große Zweizylinder Motor hat keine Mühe das bullige ATV sportlich zu bewegen. Die Elektronische Lenkunterstützung arbeitet hervorragend. Gleiches gilt bei aktiviertem DAC. Kleine Abzüge gibt es bei mir für die integrale Bremsanlage.

Obwohl CFMOTO die 1000er im Vergleich zum Vorgängermodell ordentlich abgespeckt hat – man spricht von rund 30 kg Trockengewicht insgesamt, alleine 14 kg beim Rahmen – muss sich das PRO Modell zu vergleichbaren Modellen besonders aus kanadischer Produktion bezüglich Fahrzeuggewicht immer noch deutlich geschlagen geben. Wo es definitiv punktet ist beim Preis. Rund 5.000 bis 6.500 Euro Preisunterschied sind zu einem vergleichbaren kanadischen Produkt – ebenfalls Zweisitzer – zu verbuchen.

All denjenigen, die ein großes Freizeit-ATV suchen und nicht bei Rennveranstaltungen mit vorderen Plätzen rechnen empfehle ich sich dieses ATV anzuschauen und Probe zu fahren. Überzeugte GCC-Racer, die die Auswirkungen einer Gewichtsersparnis bei gleicher Motorpower kennen – nein, noch ist man bei CFMOTO damit noch nicht so weit. Der gelb-schwarze Mitbewerber ist rund 120 kg leichter.